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  • Norbert Lanter

Jede:r hat zwei Grundaufgaben im Leben

Um was geht es im Leben eigentlich? Die meisten Menschen kommen im Laufe ihres Lebens ein- oder mehrmals an dieser Frage vorbei - freiwillig oder unfreiwillig. Und das hat einen guten Grund. Denn, wie eine buddhistische Weisheit besagt: Deine wichtigste Aufgabe im Leben besteht darin herauszufinden, was deine wichtigste Aufgabe im Leben ist.

Der deutsche Philosoph Karlfried Graf Dürckheim (1896-1988) beantwortet die Frage nach der wichtigsten Aufgabe des Lebens ganz konkret. Er sagt:

Der Mensch hat zwei Aufgaben: Zum einen das Gestalten der Welt mit dem eigenen Werk. Und zum anderen das Reifen auf dem inneren Weg.

Dieser Satz hat mich in den letzten mehr als 20 Jahren intensiv beschäftigt. Er hat mich ermutigt, mich auf den inneren Weg zu begeben. Und "der Welt" beseelt etwas zur Verfügung zu stellen.


Das Gestalten der Welt mit dem eigenen Werk

Mit dem eigenen Werk ist ein aktiver Beitrag gemeint. Es geht darum, etwas zu gestalten, zu erschaffen. Etwas, was anderen zugutekommt. Es geht also darum, etwas anzubieten und abzugeben, was mir zur Verfügung steht, z.B. an Talenten, Energie, Zeit, emotionaler und finanzieller Unterstützung, Anerkennung und Mitgefühl. Im Werk gebe ich etwas, ich schenke etwas, "damit ich die Welt als einen ein bisschen besseren Ort verlassen kann" (Ralph Emerson).


Im Begriff Werk spiegelt sich eine mitverantwortlich Haltung, etwas zu kreieren und zu erschaffen in den Gestaltungsbereichen unseres Lebens: Gesellschaft, Beruf, Familie, Freunde und Freizeitaktvitäten.


Das Reifen auf dem inneren Weg

Bei der zweiten Aufgabe wenden wir die Aufmerksamkeit weg von der äusseren Welt und blicken auf unser Inneres. Wir kommen in bewussten Kontakt zum eigenen Ego und zum Selbst, zwei wichtige innere Anteile der Persönlichkeit. Das weitet die geistige und emotionale Verfassung und stärkt die Verankerung in uns selbst. Zufriedenheit und innere Souveränität sind Ergebnisse des Reifens auf dem inneren Weg.


Reifung auf dem inneren Weg führt durch das Ego und das Selbst hindurch zum eigenen Kern. Und von dort hinaus in die Welt durch das eigene Handeln. Die persönliche Verfassung spiegelt sich im eigenen Werk wider. Ein Werk ohne innere Verankerung hat die Tendenz, anderen Menschen für eigene Ziele zu instrumentalisieren oder sich selbst dabei zu überfordern. Das Werk kann dadurch hohl und brüchig werden.


Der Wunsch und "Ruf", den inneren Weg zu gehen, kommt von innen. Es gibt keinen äusseren Auftrag, höchsten Ereignisse, die dich auf den Weg hinweisen. Den inneren Weg zu gehen ist eine nicht an andere delegierbare Aufgabe. Sie endet nicht mit einem Leistungsausweis, der uns erfolgreiche Selbstoptimierung bestätigt. Der innere Weg dient keinen nach aussen gerichteten Ego-Zielen, sondern der Verankerung in sich.


Der innere Weg ist etwas höchst Persönliches. Es gibt keinen einen richtigen inneren Weg. So viele unterschiedliche Wege es auch gibt, nach innen zu gehen: Allen gemeinsam ist, dass sie von der Oberfläche in die Tiefe, von der Zerstreuung zur Sammlung, vom Vielen und Vielerlei zum Einen führen (Niklaus Brantschen). Jede:r kann ihn für sich selbst entdecken, die persönlich passenden Zugänge ausprobieren und im Alltag verankern.


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